Selbstanzeige im Steuerstrafrecht: Bedeutung, Ablauf und aktuelle Rechtsprechung
Die strafbefreiende Selbstanzeige ist ein besonderer Weg, Steuerhinterziehung ohne Strafe zu bereinigen. Sie ermöglicht es Steuerpflichtigen, durch vollständige und rechtzeitige Offenlegung ihrer bislang nicht deklarierten Einkünfte einer Strafverfolgung zu entgehen.
Damit dient sie dem Ziel, Steuerpflichtige zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit zu motivieren und dem Fiskus ansonsten verlorene Einnahmen zu sichern. Diese „zweite Chance“ ist jedoch mit strengen Bedingungen verbunden – schon kleine Fehler können die Strafbefreiung vereiteln.
Hier ein paar wesentliche Eckdaten:
Zeitraum
10 Jahre
Mindestens für die letzten 10 Kalenderjahre muss vollständig ofgfengelegt werden
Schwellenwert
25.000 €
Ab diesem Hinterziehungsbetrag greift Straffreiheit nicht ohne Weiteres – es ist ein Zuschlag nötig
Strafzuschlag
10-20%
Zusätzliche Zahlung auf die Steuerschuld bei Hinterziehungsbeträgen (staffelweise bis 20%)
Spitzenwert
40.000
Rekord an Selbstanzeigen im Jahr 2014 nach Aufdecken prominenter Fälle
Was ist eine strafbefreiende Selbstanzeige?
Eine Selbstanzeige im Steuerstrafrecht (§ 371 Abgabenordnung, AO) ist eine strafbefreiende Erklärung eines Steuerpflichtigen, mit der nachträglich alle bisher verschwiegenen Einkünfte und steuerrelevanten Tatsachen vollständig offenbart werden. Wird eine Selbstanzeige wirksam, sieht die Staatsanwaltschaft von einer Bestrafung wegen Steuerhinterziehung ab – der Täter bleibt für die offengelegten Taten straffrei.
Wichtig ist: Straffreiheit bedeutet nicht, dass keine finanziellen Folgen drohen. Sämtliche hinterzogenen Steuern müssen inklusive Zinsen nachgezahlt werden, und in schweren Fällen kommt ein Strafzuschlag hinzu. Die steuerlichen Nachzahlungen können erheblich sein, doch sie sind im Vergleich zur Verurteilung „das weitaus geringere Übel“ – eine wirksame Selbstanzeige erspart ein Strafverfahren mit möglicher Freiheitsstrafe.
Hinweis: Eine Selbstanzeige betrifft nur steuerliche Straftaten. Andere Vergehen im Zusammenhang (etwa Urkundenfälschung bei gefälschten Belegen) werden davon nicht berührt und können separat geahndet werden. Auch disziplinarische Konsequenzen sind möglich, z.B. für Beamte trotz strafrechtlicher Straffreiheit.
Zusammenfassung der einzelnen Phasen der Abgabe einer Selbstanzeige:
Schritt 1: Analyse & Vorbereitung
Alle unversteuerten Einkünfte und Belege der letzten Jahre zusammentragen, um vollständiger Grundlage zu haben.
Schritt 2: Beratung & Erstellung
Mit fachkundiger Hilfe für die Selbstanzeige als Berichtigung aller betroffenen Steuer Erklärungen aufsetzen (vollständig und formal korrekt).
Schritt 3: Abgabe der Selbstanzeige
Einreichung beim zuständigen Finanzamt vor der Entdeckung der Tat; Eingangsbestätigung sichern.
Schritt 4: Steuerbescheid & Zahlung
Nachforderung der hinterzogenen Steuern plus Zinsen durch das Finanzamt; sofortige vollständige Zahlung aller Beträge (ggf. inkl. Strafzuschlag).
Schritt 5: Verfahrensabschluss
Bei Wirksamkeit: keine Strafverfolgung, das Steuerstrafverfahren wird eingestellt. Steuerliche Angelegenheiten bereinigt und Abschluss des Falls.
Fazit:
Die strafbefreiende Selbstanzeige bietet bei Steuerhinterziehung eine einmalige Gelegenheit, reinen Tisch zu machen und einer Strafverfolgung zu entgehen – unter der Bedingung absoluter Ehrlichkeit und Fristwahrung. Sie ist damit ein zweischneidiges Schwert: Bei korrekter Anwendung stellt sie das Verfahren ein und der Täter kommt ohne Vorstrafe davon. Bei Fehlern jedoch wird die Selbstanzeige wirkungslos und kann die Situation sogar verschlimmern.
Die aktuelle Rechtslage – geprägt durch verschärfte Gesetze seit 2015 und eine konsequente Rechtsprechung – lässt kaum Spielraum für Nachlässigkeit. Angesichts globalen Datenaustauschs und strengeren Kontrollen ist die Entdeckungswahrscheinlichkeit von Steuerhinterziehung so hoch wie nie. Wer Steuern hinterzogen hat und diese nacherklären will, sollte daher nicht zögern und den Weg der Selbstanzeige schnellstmöglich gehen – aber nur mit gründlicher Vorbereitung und idealerweise auch mit juristischer Expertise an der Seite.
FAQ – Häufige Fragen zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung
Die Selbstanzeige ist ein gesetzlich geregelter Weg, um bei Steuerhinterziehung straffrei zu bleiben – vorausgesetzt, sie erfolgt vollständig, rechtzeitig und freiwillig (§ 371 AO).
Wenn Sie feststellen, dass Sie in der Vergangenheit steuerlich relevante Angaben nicht oder falsch gemacht haben – z. B. bei Auslandskonten, Mieteinnahmen oder Kapitalerträgen – kann eine Selbstanzeige helfen, strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
- Die Selbstanzeige muss alle steuerlich relevanten Jahre und Einkünfte vollständig erfassen.
- Sie muss vor Entdeckung durch die Finanzbehörde erfolgen.
- Die hinterzogenen Steuern müssen fristgerecht nachgezahlt werden – ggf. mit Zinsen und Zuschlägen.
Eine unvollständige Selbstanzeige führt nicht zur Straffreiheit und kann sogar als Versuch gewertet werden, sich der Verantwortung zu entziehen. Daher ist anwaltliche Unterstützung dringend zu empfehlen.
Nein, aber sie muss vor Bekanntwerden der Tat bei den Behörden erfolgen. Sobald z. B. eine Prüfungsanordnung oder Durchsuchung vorliegt, ist es meist zu spät.
Sperrgründe schließen die Straffreiheit aus – etwa wenn die Tat bereits entdeckt wurde, ein Amtsträger involviert ist oder ein besonders schwerer Fall vorliegt (z. B. bei Hinterziehung über 25.000 € ohne Zuschlagszahlung).
Bei Hinterziehungsbeträgen über 25.000 € muss zusätzlich zur Steuer ein pauschaler Geldbetrag gezahlt werden (sog. „Selbstanzeige-Zuschlag“), um Straffreiheit zu erlangen.
Rein rechtlich ja – praktisch ist das jedoch riskant. Fehler bei der Formulierung oder unvollständige Angaben können die Straffreiheit gefährden. Ein spezialisierter Anwalt stellt sicher, dass die Anzeige wirksam ist.
Das Finanzamt prüft die Angaben und berechnet die nachzuzahlenden Steuern. Bei erfolgreicher Selbstanzeige und vollständiger Zahlung wird das Verfahren eingestellt – es erfolgt keine Strafe.
Ja. Die Anzeige erfolgt vertraulich gegenüber dem Finanzamt. Eine öffentliche Bekanntmachung oder Mitteilung an Dritte erfolgt nicht.

