Einspruchsverfahren gegenüber Finanzämtern
Was ist ein Einspruch?
Ein Einspruch ist ein förmliches Rechtsmittel gegen Verwaltungsakte der Finanzbehörden, insbesondere Steuerbescheide (§ 347 AO). Er ermöglicht dem Steuerpflichtigen, eine nochmalige Prüfung durch das Finanzamt zu erwirken – sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht.
Unterschiedliche Arten von steuerrechtlichen Verwaltungsakten
Der Einspruch kann nur gegen Verwaltungsakte eingelegt werden. Dazu zählen u.a.:
- Steuerbescheide (z.B. nach eingereichter Steuererklärung und Veranlagung),
- Änderungsbescheide (z.B. nach durchgeführter Betriebsprüfung
oder nach Abschluss eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens), - Berichtigungsbescheide,
- Korrekturbescheide,
- Aufhebungsbescheide,
- Nachforderungsbescheide,
- Festsetzungsbescheide,
- Schätzungsbescheide,
- Feststellungsbescheide,
- Besonderheiten bei Grundlagenbescheiden und Folgebescheiden,
- Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen,
- Haftungsbescheide (z.B. gegen gesetzliche Vertreter, Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder als Haftungsschuldner für die Nichtabführung von Steuern der Gesellschaft als primäres Steuersubjekt
– gesetzliche Grundlage: §§ 69 ff. Abgabenordnung) - Abrechnungsbescheide,
- Bescheide über die Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung,
- Bescheide über die Ablehnung eines begehrten Steuerbescheids,
- Bescheide über die Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses,
- Bescheide zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung,
- Steuerbescheide zur Umsetzung einer tatsächlichen Verständigung mit der Steuerbehörde etc.
Ziel des Einspruchsverfahrens
Das Ziel ist u.a. die Korrektur tatsächlich oder rechtlich fehlerhafter Steuerbescheide, die Berücksichtigung neuer Tatsachen oder auch die Durchsetzung abweichender Bewertungen z.B. von Grundstücken oder Unternehmen in unterschiedlichen Fallkonstellationen.
In vielen Fällen kann ein Einspruch aber auch taktisch genutzt werden, um Zeit zu gewinnen.
Ablauf des Einspruchsverfahrens
- Einspruchseinlegung
Der Einspruch muss schriftlich oder elektronisch (z. B. über ELSTER) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids eingelegt werden (§ 355 AO). Eine Begründung ist zunächst nicht zwingend erforderlich, sollte aber zeitnah nachgereicht werden. - Prüfung durch das Finanzamt
Das Finanzamt prüft den Sachverhalt und die Rechtslage erneut. Es kann dem Einspruch ganz oder teilweise abhelfen oder ihn ablehnen. - Einspruchsentscheidung
Bei Ablehnung ergeht eine Einspruchsentscheidung, gegen die Klage beim Finanzgericht erhoben werden kann (§ 44 FGO). - Aussetzung der Vollziehung (AdV)
Um finanzielle Nachteile zu vermeiden, kann parallel ein Antrag auf AdV gestellt werden (§ 361 AO). Bei Ablehnung durch das Finanzamt ist ein gerichtlicher Eilantrag möglich (§ 69 FGO). - Untätigkeitsklage
Reagiert das Finanzamt nicht innerhalb von sechs Monaten, kann eine Untätigkeitsklage erhoben werden (§ 46 FGO), um eine Entscheidung zu erzwingen.
FAQs zum Einspruchsverfahren
Grundsätzlich alle Steuerbescheide, aber auch andere Verwaltungsakte wie Haftungsbescheide, Zinsfestsetzungen oder Ablehnungen von Anträgen (z. B. auf Fristverlängerung oder AdV).
Ein verspäteter Einspruch ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig – etwa bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung (§ 356 AO) oder bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO).
Das Einspruchsverfahren selbst ist gebührenfrei. Kosten entstehen nur durch die anwaltliche Vertretung.
Das hängt vom Einzelfall ab. Einfache Fälle können binnen Wochen erledigt sein, komplexe Verfahren dauern oft Monate. Bei Untätigkeit des Finanzamts ist nach sechs Monaten eine Untätigkeitsklage möglich.
Dann kann innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Finanzgericht erhoben werden. Die Klage muss begründet und mit Beweismitteln untermauert werden.
Die AdV verhindert, dass ein Bescheid vollzogen wird, solange der Einspruch (oder auch die Klage) läuft. Sie muss gesondert beantragt werden und wird nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheids gewährt (§ 361 AO).
Die Einspruchsentscheidung ist die formelle Antwort des Finanzamts auf den Einspruch. Sie enthält die rechtliche Bewertung und ggf. eine neue Steuerfestsetzung.
Wenn das Finanzamt über den Einspruch nicht innerhalb von sechs Monaten entscheidet, kann eine Untätigkeitsklage erhoben werden (§ 46 FGO). Sie zwingt das Amt zur Entscheidung.
Ja. Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater ist zulässig und in der Regel auch empfehlenswert – insbesondere bei komplexen Sachverhalten oder insbesondere drohenden steuerstrafrechtlichen Konsequenzen.
Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung sollte sofort ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden.
Die Ihnen zustehenden Aussageverweigerungsrechte und speziellen Verfahrensrechte können nur so effektiv gewahrt werden.
Das Einspruchsverfahren und das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren sind inhaltlich und taktisch exakt aufeinander abzustimmen.

