Grundsätze der Verteidigung und Ablauf des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens

Die steuerstrafrechtliche Verteidigung

Die steuerstrafrechtliche Verteidigung im Ermittlungsverfahren setzt daher immer zunächst bei der Ermittlung der zutreffenden Besteuerung (materielles Steuerrecht) an. Dabei spielt auch das steuerrechtliche Verfahrensrecht der Abgabenordnung (AO) eine sehr große Rolle (formelles Steuerrecht):

  • Festsetzungsfristen,
  • Hemmung der laufenden Festsetzungsverjährung durch die Einleitung des Ermittlungsverfahrens oder durch bestimmte Maßnahmen der Steuerfahndung,
  • funktionelle und sachliche Zuständigkeitsverteilungen in der Finanzverwaltung,
  • Organisationsform und Behördenstruktur der Steuerfahndung (unselbständige Dienststelle oder Behördencharakter im formalen Sinn),
  • Korrekturvorschriften zur nachträglichen Änderung von Steuerbescheiden,
  • Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden und Folgebescheiden bei einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen,
  • Ermächtigungsgrundlagen und Ermächtigungsnormen,
  • Möglichkeiten des Erlasses auch sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen,
  • formale Stellung von Organen und gesetzlichen Vertretern von Unternehmen und juristischen Personen,
  • formale und inhaltliche Ausgestaltung von steuerlichen Pflichten Stellung von Organen und gesetzlichen Vertretern von Unternehmen und juristischen Personen,
  • Haftungsrecht der §§ 69 ff. AO: Grundsätze der anteilsmäßigen Tilgung im Falle der Zahlungsunfähigkeit und der späteren Insolvenz,
  • formal ordnungsgemäße Befriedigung mehrerer Gläubiger – auch des Staates bzw. des Fiskus – bei Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit,
  • verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Grundsätze der faktischen Geschäftsführung (insbesondere in Familienunternehmen des Mittelstands),
  • Wahrung des Begründungserfordernisses des § 121 AO,
  • gesetzliche Verpflichtung der Ermittlungsbehörden und des Finanzamts zur ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen nach §§ 88 ff. AO,
  • Schätzungsbescheide: tatsächliche und rechtliche Grundlagen der ordnungsgemäßen Schätzung durch die Finanzbehörde,
  • Ermessensgrundsätze, beispielsweise bei der ermessensgerechten Auswahl von mehreren Haftungsschuldnern,
  • formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen der Selbstanzeige zur Erlangung der strafbefreienden Wirkung,
  • formelle Rechtmäßigkeit von Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen,
  • Rechtmäßigkeit von Ermittlungshandlungen und Ermittlungsmaßnahmen,
  • Beweiserhebungsverbote und Beweisverwertungsverbote,
  • Verwertbarkeit von Zufallsfunden,
  • formelle Anforderungen an die Anordnung einer Außenprüfung (Zulässigkeit etc.),
  • formelle Überprüfung eines Haftbefehls (Haftgrund der Fluchtgefahr oder der Verdunkelungsgefahr); kann der Haftbefehl beispielsweise gegen Kaution vorläufig außer Vollzug gesetzt werden?

Einleitung steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren
nach Erlangung Anfangsverdacht

Nicht jedes Steuerstrafverfahren beginnt mit einer Hausdurchsuchung / Durchsuchung von Geschäftsräumen oder Ferienhäusern / Ermittlungen bei Dritten (Geschäftspartnern etc.) durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (SteuFa). Die Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahren setzt lediglich einen Anfangsverdacht voraus, den die Ermittlungsbehörde auch auf anderem Wege erlangen kann. Erkenntnisse können beispielsweise gewonnen werden durch:

  • Auswertung von Zufallsfunden im Rahmen von Durchsuchungen bei anderen Steuerpflichtigen,
  • Durchsuchungen bei Banken / Kreditinstituten,
  • Abfrage von Kontostammdaten bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin),
  • Strafanzeigen,
  • Ermittlungen anderer Behörden (z.B. der Sozialversicherungsträger etc.).
  • Auswertung von Kontrollmitteilungen und Kontrollmaterial aus (anderen) Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen usw.
  • Ermittlungen der Zollbehörden

Keine Aussage ohne Beistand

In der Regel wird der Steuerpflichtige und Beschuldigte zunächst angehört, bevor weitere Ermittlungsmaßnahmen ergriffen werden. Es wird ihm Gelegenheit gegeben, sich zu dem Tatvorwurf zu äußern und sich entsprechend einzulassen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte der Steuerpflichtige steuerrechtlich und steuerstrafrechtlich beraten und vertreten sein. Es gilt die goldene Regel: Keine Aussage ohne Beistand.

Dabei handelt es sich um einen elementaren Bestandteil unseres Rechtsstaats und der sich daraus ergebenden Verfahrensgrundsätze und Rechte des Beschuldigten. Niemand muss sich selbst belasten.

Gerade hier sind wir als Ihre steuerstrafrechtlichen Verteidiger und Fachanwälte für Sie da, um die Verteidigung Ihrer Rechte zu übernehmen und zu sichern.

Wir sind Ihre Verteidiger und Fachanwälte, die Ihnen mit langjähriger Berufserfahrung und Expertise im Steuerstrafrecht als vertrauensvolle Berater zur Seite stehen.

Abgabe einer Selbstanzeige: vorher und nachher

In der Regel leiten die Ermittlungsbehörden auch nach Abgabe einer Selbstanzeige ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren ein, in dem die Wirksamkeit der abgegebenen Selbstanzeige überprüft wird.

Ist die Selbstanzeige - anders als im öffentlichkeitswirksamen Fall von Ulrich Hoeneß - vollständig wirksam, wird das Strafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO (Strafprozessordnung) vollumfänglich wieder eingestellt.

Eine Selbstanzeige sollte daher niemals vom Steuerpflichtigen selbst ohne Hinzuziehung eines steuerrechtlich und steuerstrafrechtlich versierten Experten abgegeben werden.

Nicht nur die Vorbereitung und Abgabe der Selbstanzeige als solche birgt zahlreiche Gefahren in sich, sondern auch die tatsächliche und rechtliche Auseinandersetzung mit den Ermittlungsbehörden im Nachgang zur Abgabe der Selbstanzeige.

Struktur und Aufbau der Steuerfahndung
sowie der Straf- und Bußgeldsachenstelle

Die Steuerfahndung ist in den meisten Bundesländern einem bestimmten Finanzamt zugeordnet. Der Leiter der Steuerfahndung ist dann der Vorsteher des Finanzamts.

In Nordrhein-Westfalen hingegen wurden die Aufgaben der Steuerfahndung zentralisiert und mehreren nur dafür errichteten Finanzämtern mit Sonderzuständigkeit, den Finanzämtern für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung, zugewiesen.

In Nordrhein-Westfalen befinden sich diese Finanzämter mit Sonderzuständigkeit zur Zeit in den Städten Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Düsseldorf, Essen, Hagen, Köln, Münster und Wuppertal.

Daneben gibt es noch das eigentliche Strafverfolgungsorgan der Finanzverwaltung, die Bußgeld- und Strafsachenstelle, die die Funktion der Staatsanwaltschaft ausübt.

Die Beamten der Steuerfahndung sind Ermittlungspersonen dieses Strafverfolgungsorgans. In bestimmten Fällen können die Ermittlungen direkt an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden oder von dieser an sich gezogen werden (§ 386 AO).